Stoßdämpfung nach dem Vorbild der Pomelo-Frucht

Helme und Protektoren schützen bei Unfällen bei der Arbeit oder in der Freizeit, beim Sport, im Alltag oder im Verkehr. Verbesserte Körperschutzsysteme können schwerwiegende Folgen von Verletzungen deutlich verringern. Dies kann Gesundheit und Leben der Unfallopfer bewahren und führt im Gesundheits- und Versicherungswesen zu erheblichen Kosteneinsparungen. Der finanzielle Vorteil einer neuen Generation von Körperschutzsystemen beträgt mehrere Milliarden Euro. Die Deutschen Institute für Textil- und Faserforschung Denkendorf (DITF) forschen an effektiveren Schutzsystemen durch textile Hybridstrukturen.

DITF_Helmschale mit Abstandsgewebe

Die Denkendorfer Forscher nahmen sich bei der Entwicklung neuer Körperschutzsysteme die Natur zum Vorbild. Die Pomelofrucht verfügt über ein sehr effektives Dämpfungsprinzip. Der Wirkmechanismus der Pomeloschale wird technisch nachgestellt, indem ein druckstabiles Abstandsgewebe in ein Schaummedium integriert wird. Untersucht wurden drei Belastungsfälle: der schnelle Impact am Beispiel eines Skihelms, der mittlere Impact bei einem Rückenprotektor und die quasi statische Druckbelastung bei Schutzpolstern.

Damit die Schutzausrüstung bei jeder Anwendung richtig dämpft, wird die Druckstabilität des Abstandsgewebes optimal auf die Härte und Druckelastizität des Schaums abgestimmt. Die Druckstabilität des Abstandsgewebes wird maßgeblich beeinflusst vom Gewebeabstand, der Packungsdichte der Abstandsfäden sowie deren Biegesteifigkeit und räumlichen Ausrichtung im Abstandsbereich. Eine sehr gute Dämpfungswirkung zeigt sich bei der Impactprüfung in Form eines flachen Verlaufs der Kraftweiterleitung im Schutzelement über die Zeit sowie einer geringen Restkraft, die als Maß für die verbleibende Stoßbelastung auf den Körper angegeben wird.

Im Bereich Kopfschutz verbesserte sich das Dämpfungsverhalten des Serienhelms durch die Verstärkung des EPS-Hartschaums mit einem Abstandsgewebe um bis zu 30 Prozent. Um das Befüllen des Abstandsgewebes mit EPS-Partikel direkt im Werkzeug des Schäumprozesses vornehmen zu können, wurde die obere Gewebelage des Abstandsgewebes bereits beim Weben mit zusätzlichen Gewebeöffnungen versehen.
Im Bereich Rückenprotektor konnte das Temperaturfenster, in dem der Protektor gute Dämpfungseigenschaften zeigt, durch die Integration eines Abstandsgewebes in den Schaum deutlich vergrößert werden. Damit erfüllt der Protektor strengere Prüfnormen und erhält darüber hinaus durch ein Abstandsgewebe einen guten Durchdringungsschutz.

Bei den Gewebe-Schaum-Verbunden für den Bereich Schutzpolster konnte ein adaptives Verformungsverhalten des Protektors erreicht werden, indem ein sehr weicher viskoelastischer PU-Schaum und ein Abstandsgewebe mit geringerer Druckstabilität verwendet wurden. Damit sich der Gewebe-Schaum-Verbund gut verformen lässt und sich der Körperform anpassen kann, wurde das Abstandsgewebe durch in Kett- und Schussrichtung verlaufende abstandsfadenfreie Kanäle in viele kleinere Gewebezellen mit verdichteten Abstandsfäden unterteilt.

Auf Basis der Forschungsergebnisse wurden für die drei Bereiche Kopfschutz, Rückenprotektor und Schutzpolster Demonstratoren angefertigt, die bei einer Crash-, Stoß- oder Druckbelastung eine bessere Schutzwirkung bieten als bisherige Serienprodukte aus reinem Schaum.
Diese innovativen Körperschutzelemente auf Basis schaumgefüllter Abstandsgewebe wurden an den DITF im Rahmen des vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie geförderten IGF-Forschungsvorhabens 19398 entwickelt.

Die Forschungsergebnisse können von der deutschen Textil-, Sicherheits- und Sportartikelindustrie unmittelbar in wirtschaftliche Fertigungsverfahren und innovative Körperschutz-Produkte umgesetzt werden und stärken die Wettbewerbsfähigkeit im globalen Markt.

© 2019 Deutsche Institute für Textil- und Faserforschung

Quelle und Link: https://www.ditf.de/de/index/aktuelles/pressemeldungen.html

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